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Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin (2024)

  • Autorenbild: Florian Wolf
    Florian Wolf
  • 29. März
  • 4 Min. Lesezeit

★★½


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In einem Europa, in dem rechte und nationalistische Strömungen wieder erstarken,

erscheint die Produktion eines Films über das Leben und Wirken von Dietrich Bonhoeffer aus aktueller Perspektive heraus als besonders relevant. Bonhoeffer wird

als ein Mensch dargestellt, der sich durch unerschütterlichen Mut auszeichnete und

in voller Bewusstheit sein eigenes Leben riskierte, um entschlossen gegen den

Faschismus und für die Nächstenliebe einzutreten. Der neue Film über Bonhoeffer,

der in dieser Woche in den deutschen Kinos anläuft, bleibt jedoch nicht ohne Kritik –

insbesondere aufgrund der Umstände seiner Veröffentlichung. Die Relevanz der

Botschaft Bonhoeffers ist auch heute noch gegeben, jedoch wird sie zunehmend von

fragwürdigen Akteuren instrumentalisiert.


Noch vor der US-Veröffentlichung des Films im Jahr 2024 erschien in der "Zeit" ein

offener Brief, in dem sich sowohl Angehörige als auch Vertreter der theologischen Wissenschaft entschieden gegen die Vereinnahmung Bonhoeffers durch nationalistische, fundamentalistisch-christliche Kreise in den USA aussprachen.

Ein zentraler Kritikpunkt ist die weltweite Distribution durch Angel Studios sowie eine

Werbekampagne, die gezielt auf ein Publikum zugeschnitten wurde, das Bonhoeffer

als Widerstandskämpfer gegen eine vermeintlich unterdrückende Regierung verklärt.

Diese Darstellung verzerrt Bonhoeffers eigentliche Thesen – Nächstenliebe und

Offenheit – und biegt sie in eine ideologische Richtung um, die seinem Werk

widerspricht.


Der Film unter der Regie von Todd Komarnicki betont zunächst die Bedeutung von

Bonhoeffers Reise in die USA Anfang der 1930er Jahre, wo er mit Jazz, aber auch mit

der allgegenwärtigen rassistischen Diskriminierung konfrontiert wird. Von besonderer

Signifikanz ist in diesem Zusammenhang die Begegnung mit einer anderen, aktiveren

Form des Glaubens, die er gegenüber der in Deutschland verbreiteten, traditionellen

Religionsausübung bevorzugt. Nach seiner Rückkehr verfolgt er das Ziel, den Glauben

als zentrales Element über die starren Strukturen der Kirche zu stellen. Der Film

zeichnet Bonhoeffer als Antirassisten, der sich über religiöse und nationale Grenzen

hinweg für die Schwachen der Gesellschaft einsetzt. Mit dem nationalsozialistischen

Machtantritt und der damit einhergehenden Gleichschaltung der Kirchen ist er

schockiert. In einer mutigen Predigt spricht Bonhoeffer sich offen gegen das Regime

aus, was ihn schließlich in den Widerstand führt. In der filmischen Darstellung wird er

als eine Schlüsselfigur in der Planung eines Attentats auf Hitler gezeigt, wobei diese

These in der historischen Forschung umstritten ist.


Ein gravierendes Problem des Films liegt in historischen Ungenauigkeiten. Es ist zwar

nachvollziehbar, dass bei der Verfilmung einer Biografie narrative Freiheiten genutzt

werden müssen, doch sollte diese möglichst nah an den belegten Fakten bleiben. Soist es zwar vertretbar, dass die Affinität Bonhoeffers zum Jazz oder sein Zeugnis

rassistischer Gewalt dramaturgisch zugespitzt werden, doch bei zentralen

historischen Ereignissen sind Fehlinterpretationen problematisch. Ein Beispiel ist das

berühmte Zitat Martin Niemöllers ("Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich

geschwiegen..."), das der Film in eine Predigt Niemöllers während der NS-Zeit

einbettet und mit enthusiastischem Applaus inszeniert. Tatsächlich wurde dieses Zitat

erst nach Kriegsende formuliert, als Rückblick und Selbstkritik. Zudem vernachlässigt

der Film die Tatsache, dass Niemöller nicht nur geschwiegen hat, sondern zunächst

ein offener Befürworter des Nationalsozialismus war, bevor er sich distanzierte und

inhaftiert wurde.


Ein weiterer problematischer Aspekt ist die Darstellung Bonhoeffers als aktiver

Widerstandskämpfer im Umfeld der Attentatspläne auf Hitler. Historisch betrachtet

ist umstritten, inwieweit er in die Planung involviert war oder lediglich davon wusste.

Gerade diese Ambivalenz lässt den Film angreifbar für eine politische Vereinnahmung

werden. So besteht die Möglichkeit, dass konservative, fundamentalistische Christen

in den USA den Film als Symbolfigur für ihren eigenen "Widerstand" gegen das

politische Establishment instrumentalisieren und damit Bonhoeffers eigentliche

Botschaft verfälschen.


Die Werbekampagne von Angel Studios ist in diesem Zusammenhang besonders

problematisch. Das US-amerikanische Plakat zeigt Bonhoeffer mit einer Waffe, was

historisch unbelegt und hochgradig umstritten ist. In Deutschland wurde dieses Motiv

nicht verwendet. Auch der amerikanische Filmtitel "Bonhoeffer: Pastor, Spy,

Assassin" bedient eine fragwürdige Narrative und erinnert an Eric Metaxas'

umstrittene Biografie von 2010, die Bonhoeffer für einen religiösen Kulturkampf

vereinnahmt. Der Untertitel "Wie weit wirst du gehen, um das Richtige zu tun?"

suggeriert zudem eine dramatische Heroisierung, die in dieser Form problematisch

ist.


Hinsichtlich der filmischen Umsetzung ist festzustellen, dass der Cast überwiegend

aus deutschen Schauspielern besteht, die ihre Dialoge auf Englisch führen. Jonas

Dassler erbringt eine solide Leistung in der Rolle des Bonhoeffer, allerdings mit

Schwächen in den emotionalen Höhepunkten. Der Film beginnt mit einer überflüssig

langen Episode aus der Kindheit, und auch der Schnitt wirkt an vielen Stellen

ungelenk. Das Drehbuch tendiert zu Kitsch und didaktischer Überhöhung, während

die christliche Symbolik oft zu aufdringlich eingesetzt wird. Die visuelle Gestaltung

des Films orientiert sich an konventionellen Stilmitteln, wobei zeitweise eine

Überinszenierung zu beobachten ist, die Assoziationen mit dem Genre der

Superheldenfilme hervorruft.


Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass "Bonhoeffer" inhaltlich eine relevante

und vielschichtige Auseinandersetzung mit seiner historischen Figur bietet, zugleich

jedoch durch problematische narrative Entscheidungen und eine fragwürdigeWerbekampagne belastet wird. Während der Film Bonhoeffers Kernanliegen

weitgehend treu bleibt, droht seine Inszenierung in bestimmten Aspekten eine

ideologische Vereinnahmung zu begünstigen. Es ist jedoch von entscheidender

Bedeutung, dass eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Inszenierung erfolgt,

insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bonhoeffer zunehmend von fragwürdigen

Kreisen vereinnahmt wird. Es ist anzunehmen, dass ein deutscher Film über

Bonhoeffer einen gänzlich anderen, nuancierteren Blick auf diese faszinierende und

vielschichtige Figur geworfen hätte.

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