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Rust - Legende des Westens (2025) KRITIK: Ein Film im Schatten seiner Tragödie

  • Autorenbild: Florian Wolf
    Florian Wolf
  • 6. Mai
  • 5 Min. Lesezeit

Rust (2025) ist ein klassisch inszenierter Western, dessen Veröffentlichung unweigerlich vom tödlichen Vorfall am Set im Jahr 2021 überschattet wird, bei dem Kamerafrau Halyna Hutchins ums Leben kam. Trotz gelungener Hauptfigurenzeichnung und eindrucksvoller visueller Gestaltung leidet der Film unter seiner zerrissenen Produktionsgeschichte, was sich besonders in der unausgewogenen Dramaturgie und vernachlässigten Nebenfiguren zeigt.


Filmposter Rust (2024)
© Rust Movie Productions LLC

Rust - Legende des Westens (2025) KRITIK von Florian Wolf


Nun kommt er also doch, viele haben daran gezweifelt, dass dieser Film nach den tragischen Ereignissen am Set 2021 jemals veröffentlicht werden würde, aber nach mehreren juristischen, sowohl strafrechtlichen als auch zivilrechtlichen Auseinandersetzungen, die entschieden oder beigelegt wurden, konnte der Film 2024 wieder mit den Dreharbeiten beginnen und kommt nun am 1. Mai in die deutschen Kinos.


Doch natürlich wird der Film überschattet von den Ereignissen an jenem 21. Oktober 2021. Während einer Szenenprobe drang ein Schuss aus der Waffe von Schauspieler und Filmproduzent Alec Baldwin in den Körper der Kamerafrau Halyna Hutchins ein, durchschlug diesen und traf und verletzte auch den Regisseur Joel Souza. Hutchins starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus, Joel Souza wurde verletzt, kam aber mit dem Leben davon.


Schnell begannen in den Medien und vor allem in den unzähligen sozialen Netzwerken die Spekulationen, wie es zu einem solchen Vorfall an einem Filmset kommen konnte. Fest steht, dass sich in der Waffe nicht nur spezielle Kugeln für die Arbeit am Film befanden, die zwar beim Abfeuern einen lauten Knall erzeugen, aber kein Projektil verschießen, sondern auch mindestens eine echte scharfe Kugel. Diese Kugel traf die Kamerafrau tödlich.


Dass nun ausgerechnet der Film ebenfalls mit einem unbeabsichtigten tödlichen Schuss beginnt, ist zumindest bemerkenswert. Lucas (Patrick Scott McDermott), der eigentlich auf einen Wolf schießen will, verfehlt diesen und trifft einen herannahenden Mann. Vor Gericht wird er schuldig gesprochen und zum Tod durch den Strang verurteilt. Doch die erste Sorge in Gefangenschaft gilt nicht ihm, sondern seinem kleinen Bruder, für den der 13-Jährige nach dem Tod beider Eltern die Erwachsenen- und Erziehungsrolle übernehmen muss. Doch zur Vollstreckung des Urteils kommt es nicht, denn der in der Gegend berüchtigte Outlaw Harland Rust (Alec Baldwin) befreit Lucas aus dem Gefängnis. Rust, der sich als der Großvater des Jungen entpuppt, versucht diesen vor der Staatsmacht, vertreten durch den US-Marshals Marshel Wood Helm (Josh Hopkins) und den Kopfgeldjäger Fenton 'Preacher' Lan (Travis Fimmel), in Sicherheit zu bringen - und so beginnt ein Roadmovie im Gewand eines klassischen Westerns.


Gemeinsam fliehen Lucas und Rust Richtung mexikanischer Grenze. Was als Flucht beginnt, wird zur Annäherung zweier Fremder, die durch Blut verbunden sind: Rust, der abwesende Großvater, wird für Lucas zur Vaterfigur – und der Junge, der selbst früh Verantwortung für seinen kleinen Bruder übernehmen musste, darf endlich Kind sein.


Auf diese Beziehung zwischen den beiden Figuren legt Joel Souza seinen Hauptfokus, mal mit offensichtlichen, mal mit subtilen Mitteln baut er die Beziehung zwischen den beiden langsam auf. Ein Hund wird zunächst zum Symbol für die Zugehörigkeit des Enkels zur Familie, später, als der Hund das Duo wieder verlässt, macht Souza aus dem niedlichen Vierbeiner ein Symbol für das Erwachsenwerden. Ähnlich verfährt der Film mit dem Gewehr, aus dem sich der fiktive tödliche Schuss löst: Lucas behandelt die Waffe zu Beginn des Films mit einer gewissen Ehrfurcht und Distanz, später erfahren wir, dass diese Waffe für ihn eine ganz besondere Bedeutung hat. Der Film buchstabiert solche Szenen nicht aus, deutet an, überlässt es dem Zuschauer, sich sein eigenes Bild zu machen.


Weniger gelungen ist die Behandlung der Nebenfiguren. Immer wieder geraten die Verfolger aus dem Blick, erst im Finale werden ihre Handlungsstränge wieder aufgenommen. Hier macht sich die zerrissene Produktionsgeschichte des Films bemerkbar: Drei Jahre liegen zwischen den Drehblöcken – und das zeigt sich vor allem im Schnitt und in der dramaturgischen Balance. Figuren wirken mitunter unausgegoren, Spannungsbögen bleiben fragmentarisch.


Dabei hat der Film eigentlich auch interessante Nebenfiguren, vor allem den US-Marshal Wood Helm, der eigentlich eine typische Ditectiv-Figur darstellt. Er ist aufgeschlossen für wissenschaftliche Neuerungen und Erkenntnisse und wendet diese quasi kriminalistisch bei seiner Jagd an, zu Hause liegt sein Kind im Sterben, was ihn an Gott und der christlichen Botschaft zweifeln lässt. Josh Hopkins spielt diese Figur präzise, immer mit einer tiefen Traurigkeit, die sich in seinen Augen spiegelt.


Fast schon als Kontrapunkt ist die zweite Verfolgerfigur Fenton 'Preacher' Lang (Travis Fimmel) angelegt, eine ganz typische Kopfgeldjäger-Westernfigur. Gleich mit einem ganz in Schwarz getauchten Anzug eingeführt, umgibt Preacher stets etwas Gefährliches, die Jagd ist vor allem finanziell motiviert und steht auf moralisch wackeligen Beinen, ganz im Gegensatz zu Helm, der aus höheren Motiven handelt. Preacher sieht sich im Auftrag Gottes, dessen Werk er auf Erden verrichtet, indem er Verbrecher jagt, um sie ihrer „gerechten“ Strafe zuzuführen.


Rust (2024) ist ein typischer Western, der sich der Tropen des Roadmovies bedient, um eine Geschichte über das Erwachsenwerden vor der Kulisse des amerikanischen Südens zu erzählen. Visuell kann der Film immer wieder begeistern, vor allem die Sonnenauf- und -untergänge fängt die Kamera wunderbar ein. Vor malerischen Horizonten sind die Figuren oft nur als kleine, kaum erkennbare Silhouetten zu sehen, das visuelle Mittel der Inszenierung nutzt der Film auch gelungen, zum Beispiel in dem er in ähnlicher weise seine Hauptfigur zu Beginn in den Film einführt. In den Innenräumen herrscht vor allem Dunkelheit, ab und zu spendet eine Kerze mit ihrem Schein ein wenig Licht.


Dass dieser Film Halyna Hutchins gewidmet ist, überrascht natürlich nicht. Der Film findet vor allem nach dem Abspann noch einmal ein schönes Bild, um an sie zu erinnern. Hutchinsen ist dort auf einem Pferd zu sehen, auf dem sie in das Off des Bildes reitet, vor einem wunderschönen Horizont, hinter dem gerade die Sonne aufgeht, nur ihre Silhouette ist zu sehen. Der Film ehrt sie noch einmal mit den gleichen visuellen Mitteln, die sie auch in diesem Film, ihrem letzten Werk, eingesetzt hat. Bevor sich der Regisseur noch einmal per VicoeOver an das Publikum wendet.


Rust (2025) ist ein Western, der durch den Aufbau einer gelungenen Atmosphäre, interessanter Charaktere und eine stimmige visuelle Inszenierung überzeugen kann. Aber vor allem wird er natürlich von den realen Ereignissen am Set überschattet. Er findet, wenn überhaupt möglich, eine gute Form in der Darstellung, um das letzte künstlerische Werk von Halyna Hutchins zu präsentieren und sie als Person zu würdigen. Man merkt dem Film seine tragische Entstehungsgeschichte vor allem in der Montage an, wahrscheinlich aufgrund der verschiedenen Fassungen und der langen Pause zwischen den beiden Dreharbeiten ist Rust leider kein kohärentes Gesamtwerk. Der Film schafft es nicht, die Lücke zwischen Haupt- und Nebenfiguren zu schließen und führt diese mehr schlecht als recht zusammen.


KRITIK: Rust - Legende des Westens (2025) - Wertung: ★★

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