Screamboat (2025) Kritik: Von Steamboat zu Screamboat – Der Preis der Gemeinfreiheit
- Florian Wolf

- 8. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Screamboat (2025) nutzt die Disney-Ikone für Schockeffekte – und verspielt das kulturelle Potenzial im Billiglook

Screamboat (2025) Kritik von Florian Wolf
Steamboat Willie (1928) gilt als einer der frühen Meilensteine von Walt Disney. Wie auch bei anderen Werken wie Winnie the Pooh: Blood and Honey (2023), Peter Pan's Neverland Nightmare (2025) und dem noch bevorstehenden Bambi: Die Abrechnung (2025) liefen vor Kurzem die Rechte aus, und so konnten die Filmemacher nun auf die ikonografischen Figuren zurückgreifen. Dieser Film nutzt die bekannten Figuren aus der klassischen Geschichte, verlegt die Handlung nun auf die Staten Island Ferry und aus dem kindlich-lustigen Cartoon wird eine Horror-Komödie. Trotz geringer Ansprüche und einem sehr begrenzten Budget, was dem Film an vielen Stellen anzumerken ist, scheitert er in vielerlei Hinsicht an seiner Erzählweise, Inszenierung und ästhetischen Ausführung.
Schon im Prolog wirkt der Film auffällig zahnlos und wirft hinsichtlich der Horror- und Actioninszenierungen entscheidende Fragen auf. Beim ersten Erscheinen der Hauptfigur finden die Angriffe aus dem Off statt, und ihnen fehlt es an jeglicher physischer Intensität. Die räumliche Unklarheit und die unzureichend ausgearbeiteten Angriffssequenzen wirken unkoordiniert und verwässern die Wirkung der dramatischen Szenen. Der Film entscheidet sich, Willie deutlich kleiner als seine Kontrahenten darzustellen, was in den ersten Szenen noch ein leichtes Schmunzeln verdient, jedoch das Macht- und Bedrohlichkeitsgefälle zwischen Willie und seinen Opfern für den restlichen Film schwächt.
Der Handlungsort hingegen entpuppt sich als gut gewählt: Der bekannten Disney-Figur wird ein mindestens ebenso ikonografisches Stadtzeichen der Metropole New York – die Staten Island Ferry – entgegengestellt. Die Fähre wird nicht nur zum Handlungsort, sondern bildet auch einen Mikrokosmos von "Big Apple", in dem typische Figuren aus New York auf engstem Raum aufeinandertreffen. Der klaustrophobische Raum wird zu einem Ort, der die gesellschaftliche Vielfalt und die sozialen Spannungen innerhalb der Metropole widerspiegelt und zugleich einen begrenzten Raum ohne Entkommen schafft, in dem Willie auf Jagd gehen kann.
Die narrativen Schwächen von Screamboat sind insbesondere in der Dialogführung und Charakterentwicklung offensichtlich – für beides interessiert sich der Film kaum. Die Dialoge wirken künstlich und oberflächlich und dienen nur als Atempausen zwischen den Kills. Nur vereinzelte Szenen können hier herausragen, etwa eine satirische Überhöhung einer typischen New Yorker Ansprache, wie sie nach dem 11. September in Filmen und Serien häufig zu finden ist: In ihr wird trotz aller Unterschiede der Menschen eine Gemeinsamkeit beschworen und das Zusammenstehen gegen die Bedrohung betont. Screamboat (2025) ist sich dieses Tropus bewusst, überzeichnet ihn und bricht ihn zugleich. Solche Szenen oder die spielerischen Verweise auf das Original von 1928 zeigen, was im Drehbuch möglich gewesen wäre, hätten die Filmemacher mehr Zeit und Arbeit investiert.
Diese Filme stellen eigentlich eine interessante medienkritische Frage: Wie geht die moderne Gesellschaft mit dem Erbe klassischer Werke um? Wollen wir eine tiefe Auseinandersetzung mit Erzählungen aus vergangenen Tagen oder ganz neue Werke, fernab von etablierten Ideen? Diese Filme – nicht nur, aber auch Screamboat (2025) – entscheiden sich leider für die einfachste aller Lösungen: für billige Horrorfilme ohne Liebe zum Detail. Der Film wird zudem mit unnötigen Elementen überladen, etwa einer Szene in der Mitte des Films, einen Frauenkörper in einer Softcore-Porno-Ästhetik darstellt wird. Eine Szene, die nur dazu dient, einen nackten weiblichen Körper auf der Kinoleinwand zu präsentieren.
Steamboat Willie (1928) war nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein kulturelles Ereignis, das die Filmindustrie revolutionierte. In diesem historischen Kontext wirkt Screamboat als eine merkwürdige Mischung aus Respektlosigkeit und naiver Nostalgie. Die satirische Ausrichtung ist zwar erkennbar, verliert jedoch schnell ihre Schärfe, wenn der Film in platten Stereotypen und einer schwachen visuellen Umsetzung stecken bleibt.
Screamboat (2025) ist ein Film, der mit einer Vielzahl an kreativen Ideen aufwartet, diese jedoch größtenteils nicht umsetzen kann. Die visuelle Ästhetik und die Inszenierung bleiben weit hinter den Erwartungen zurück und verharren in einer Low-Budget-Ästhetik, die die dramaturgische Wirkung mindert. Die schwachen Dialoge, die künstliche Figurenzeichnung und die unnötige Erotik tragen zusätzlich zur Entwertung des Films bei. Das Ergebnis ist ein inkohärenter, visuell unscharfer Film, der sich zu sehr auf seine Horrorelemente versteift, diese aber nicht vernünftig inszeniert bekommt.



